Länderfokus Myanmar: Rohstofflieferant für Schwere Seltene Erden und Unruhefaktor

Myanmars Bedeutung als Lieferant besonders kritischer Schwerer Seltener Erden steht nach dem Militärputsch in Frage. Politische Unsicherheiten und Exportprobleme könnten die Lieferkette gefährden. Die aktuellen Entwicklungen verdeutlichen die Notwendigkeit, alternative Bezugsquellen zu prüfen.

Frankfurt am Main, 18. Dezember 2023 – Wenn es um das Thema Seltene Erden geht, dürfte einer der ersten Gedanken in Richtung China gehen. Seit vielen Jahren bestimmt das Land mit seinem Quasimonopol den Markt, ein Großteil der Welt ist abhängig von Exporten aus dem Reich der Mitte. Dabei wird oft übersehen, dass China seit 2018 gleichzeitig der größte Importeur Seltener Erden ist, die dort raffiniert und etwa zu Magnetkomponenten weiterverarbeitet werden. Eines der wichtigsten Herkunftsländer ist der Nachbar Myanmar. Von dort stammen vor allem Schwere Seltene Erden, dazu gehören etwa Dysprosium und Terbium. Sie treten weniger häufig auf als die Vertreter der leichten Seltenen Erden wie Cer oder Lanthan. Entsprechend höher sind die Erlöse, aber auch ihre Kritikalität, denn sie sind unverzichtbar für die Energiewende und eine große Anzahl weiterer Anwendungsgebiete.

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Besondere Geologie macht Myanmar interessant

Eine der wichtigste Quellen für Schwere Seltene Erden sind Ionenadsorptionstone, die vor allem dort vorkommen, wo Gebiete starken Verwitterungsprozessen unterliegen. Sie treten weltweit auf, in nennenswertem Umfang ist ihr Abbau jedoch auf Südchina und Myanmar beschränkt. Die Seltenerdelemente sammeln sich bei dieser Art Lagerstätte an der Oberfläche der Tone an und können durch Laugungsprozesse gewonnen werden.

Die wichtigsten Minen Myanmars befinden sich in den nordöstlichen Staaten Kachin und Shan. Der offizielle Warenumschlag nach China findet überwiegend über die Häfen von Tengchong und Ruili in der südwestchinesischen Provinz Yunnan statt. Für unrechtmäßig geförderte Ressourcen dürfte es daneben eigene Routen durch das oftmals unwegsame Gebiet geben.

In den Fokus Chinas gerieten Myanmars Bodenschätze verstärkt ab 2012. Damals fand in der Wirtschaftspolitik der Volksrepublik ein Umdenken in der Rohstoffstrategie statt, die der Nutzung von Bodenschätzen im Ausland größere Bedeutung zuwies. Man begann in der Folge, sich im Ausland nach neuen Quellen umzuschauen, seit mindestens 2014 siedelten sich vermehrt chinesische Bergbaufirmen im Vielvölkerstaat Myanmar an. Der Export Seltener Erden nach China stieg in den Folgejahren stark an.

Laut dem U.S. Geological Survey exportierte das Land 2018 seine gesamte Förderung in die Volksrepublik. Aufgrund des rasanten und teilweise unregulierten Ausbaus von Minen unter chinesischer Führung erließ die Regierung Myanmars Ende 2018 ein Exportverbot für Seltene Erden nach China. Zwar wurde dieses Verbot im September 2019 wieder offiziell aufgehoben, dennoch gab es immer wieder vereinzelte Unterbrechungen der Lieferungen ins Nachbarland.

Politische Unsicherheiten nach dem Militärcoup

Die Geschichte Myanmars ist seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1948 immer wieder von politischen Unsicherheiten und bewaffneten Konflikten geprägt. Zuletzt rückte der Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Regierung unter Staatsrätin Aung San Suu Kyi 2021 das Land in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Dies hatte auch unmittelbare Auswirkung auf die Rohstoffindustrie des Landes. Die Militärjunta hatte bereits vor dem Coup einen Großteil der Bergwerke unter ihrer Kontrolle, danach erhöhte sich die Zahl der Minen um ein Vielfaches.
Ihren Einfluss auf die Regionen mit großen Rohstoffvorkommen setzt die Junta auch mit Gewalt durch. Nur selten gelingt es der lokalen Bevölkerung dabei, den Bau neuer Minen zu verhindern, wie es beispielsweise im April 2023 geschah. Den Auswirkungen des teils unkontrollierten Abbaus versucht die Junta derweil mit Inspektionen Herr zu werden. Im Staat Kachin ruhten die Bergbauaktivitäten daher seit dem 4. September. Die ungewisse Dauer der Überprüfungen führte zu Unsicherheiten in der Industrie, was die große Bedeutung des Landes für Chinas Seltenerdindustrie aufzeigt. Gleiches gilt für den aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach unterbrochenen Grenzverkehr.
Trotz der zum Teil unsicheren Lieferkette wächst der Export Seltener Erden nach China konstant an. 2021 waren 71 Prozent der nach China eingeführten Seltenen Erden aus Myanmar, derzeit geht zum Beispiel der Branchendienst Adamas davon aus, dass der Anteil 41 Prozent beträgt. Das sind 70 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2022 und neunmal mehr als im ersten Halbjahr 2022. Hierbei ist anzumerken, dass China erst Ende 2022 alle Covid-Maßnahmen aufhob und damit der Grenzverkehr wieder ungehindert fließen konnte.

Widerstand gegen Militärregierung wächst

Myanmar steht möglicherweise eine weitere Zerreißprobe bevor, denn gegen die Junta mehrt sich der Widerstand. Ende Oktober 2023 fiel einer von nur fünf offiziellen Grenzübergängen zu China in die Hände von rebellierenden einheimischen Minderheiten. Militärexperten zweifeln daran, dass die Rebellen die Möglichkeiten besitzen, die Junta nachhaltig zu schwächen. Sollten allerdings auch Grenzübergänge in Kachin an sie fallen, wäre der Export nach China und damit diese bedeutende Lieferkette für Schwere Seltene Erden insgesamt gefährdet.

Einschätzung der Situation durch Jan Giese, Senior Manager Minor Metals and Rare Earth Elements bei TRADIUM

Chinas Rohstoffstrategie ist darauf ausgerichtet, sich außerhalb des eigenen Landes Zugang zu kritischen Mineralien zu sichern und die Bezugsquellen im Ausland breit zu diversifizieren. Dafür sucht China die Zusammenarbeit mit rohstoffreichen Partnerländern wie Myanmar, das über große Vorkommen an Schweren Seltenen Erden verfügt. Diese Handelsbeziehungen schonen die eigenen Rohstoffressourcen und stärken die internationale Wirtschaftsposition, z. B. als Weltmarktführer bei der Herstellung von Seltenerdprodukten. Die aktuelle Situation in Myanmar gilt als angespannt. Es könnte daher schwierig werden, eine stabile Einfuhr an Seltenen Erden von Myanmar nach China zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund ist es langfristig umso dringlicher, westliche Quellen für Schwere Seltene Erden als Alternativen zu finden. Aktuell gibt es nur einige wenige Abbau-Projekte. In der Fortführung sollte es ebenso darum gehen, Refining-Kapazitäten gezielt auf- und auszubauen: Damit Junior Miners eine Alternative für den Verkauf ihres gewonnenen Konzentrats haben und ihr Material nicht immer nach China fließt. Doch solche Wertschöpfungsströme entstehen nicht über Nacht. Neben finanzieller Förderung und technologischem Knowhow braucht es viele Jahre Entwicklungszeit.

Seit mehr als 20 Jahren beliefert TRADIUM die verarbeitende Industrie mit strategischen Rohstoffen und erfüllt dabei höchste Qualitätsstandards. Unsere Sorgfalt erstreckt sich über die gesamte Lieferkette, beginnend mit der Auswahl der Rohstoffproduzenten. Im Bereich des Imports Seltener Erden pflegen wir seit vielen Jahren erfolgreich Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen, die über eigene Minen- und Refining-Kapazitäten verfügen. Regelmäßige Besuche vor Ort und ein enger Dialog ermöglichen es uns, die Einhaltung der ESG-Richtlinien zu überprüfen. Unser nächster geplanter Besuch ist für den Herbst 2024 vorgesehen. TRADIUM steht für Transparenz, Nachhaltigkeit und langfristige Partnerschaften in der Beschaffung strategischer Rohstoffe.

Über Jan Giese, Senior Manager Minor Metals and Rare Earths bei TRADIUM
Jan Giese ist seit 2022 im Industrievertrieb für Technologiemetalle und Seltene Erden bei TRADIUM in Frankfurt am Main tätig. Zuvor leitete der Diplom-Kaufmann 2,5 Jahre lang den weltweiten Einkauf der Heraeus Quarzglas GmbH, einer Geschäftseinheit des weltweit tätigen Familienunternehmens Heraeus. Während seiner Zeit bei Heraeus war Jan Giese für den Einkauf von Seltenen Erden als Rohstoffe zuständig und kennt die Herausforderungen aus industrieller Sicht aus erster Hand. Seit er für TRADIUM arbeitet, hat er sein Wissen über die Märkte für Seltene Erden und deren Akteure vertieft.

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